Lateinamerika Magazin

REPORTAGE Medellín – die „Stadt des ewigen Frühlings“ Medellín ist ein vorbildliches Beispiel für städtischen Wandel und gilt als die Vorzeigestadt Lateinamerikas. Einst für ihre Gewalt und Drogenkartelle berüchtigt, hat Medellín es geschafft, diesen negativen Ruf zu überwinden. Eine aufregende Entwicklung, die durch zivilgesellschaftliche und politische Bemühungen vorangetrieben wird. Das Ziel: allen Bewohnern, insbesondere in den verarmten Stadtvierteln Frieden, Aufstiegschancen und eine wirtschaftliche Perspek- tive zu bieten. Dabei schafft es Medellín durch einen aktiven Umgang mit der Vergangenheit, diese zu überwinden, aber nicht zu vergessen. Schließlich beherrschte der berüchtigte Drogenbaron Pablo Escobar mit seinen Machenschaften viele Jahre Kolumbien, ganz besonders präsent war er jedoch in seiner Heimatstadt Medellín. Comuna 13 - das 13. Stadtviertel namens San Javier - ist heute der am dichtesten besiedelte Stadtteil und sicher- lich auch das Viertel, das sich am stärksten verändert hat. Wo einst wilde Bandenkriege tobten, herrschen heute beschauliche Ruhe und Fortschritt. Ein echter Hingucker sind die riesigen, überdachten Rolltreppen und die Seilbahn. Medellín setzt neue Maßstäbe in Sachen Mobilität. Diese Rolltreppen, die 2011 installiert wurden und über eine Länge von knapp 350 Metern einen Höhenunterschied von rund 28 Stockwerken überwinden, haben ehemalige Problemvier- tel in eine aufregende Touristenattraktion verwandelt. Viele Wände der Comuna 13 sind zudem zur Leinwand geworden. Die bunte Darstellung der schwierigen Vergangenheit gibt Hoffnung und fasziniert gleichermaßen. Die farbenfrohen Bilder und der atemberaubende Panoramablick über die Stadt sind einen Besuch wert. Die Metrocable, die erste als Nahverkehrsmittel konzipierte Seilbahn der Welt, ist immer noch eine Attraktion, auch wenn sich die Einwohner nach über zwanzig Jahren an sie gewöhnt haben und sie nutzen wie den Bus oder die S-Bahn. In wenigen Minuten schwebt man aus der belebten Großstadt über mehrere Stationen bis in die Naherholungs- zone Parque Arví. Kunst und Kultur spielen eine große Rolle. Im Herzen Medellíns findet sich die Plaza Botero mit zahlreichen, vom berühmten kolumbianischen Künstler Fernando Botero gestifteten Skulpturen. Ein Platz, der zum Verweilen und Staunen anregt. Wenn von Musik aus Medellín die Rede ist, fallen einem Juanes, J Balvin und Karol G ein, aber wer hätte gedacht, dass Medellín auch eine große Tangotradition hat? Medellín erlebt gerade eine fantastische „grüne (R)Evolu- tion“. Es entstehen neue Hotels, Wohnprojekte und Arbeits- plätze, bei denen Pflanzen eine wichtige Rolle spielen. Diese lokalen, architektonischen Vorlieben haben ihren Ursprung in der ländlichen Bauweise der umliegenden Dörfer und den Häusern der Kaffeebauern. Wegen der vielen Blumen und Gartenanlagen trägt die Stadt auch den hübschen Beinamen Capital de las Flores – Hauptstadt der Blumen. Der Wandel und die damit einhergehenden bürgerlichen und kulturellen Verbesserungen haben bei den Einheimi- schen ein überwältigendes Gefühl des Nationalstolzes geweckt. Medellín erlebt einen atemberaubenden Auf- schwung und die Stadt kann sich wirklich sehen lassen. Ein wahrhaft prächtiger Beiname für diese großartige Stadt, die sich praktisch neu erfunden hat. Und das Beste daran: Die Temperatur liegt tatsächlich das ganze Jahr bei angenehmen 25 bis 28 °Celsius. Das wirkt sich auch auf die Menschen aus, die als warmherzig und extrovertiert gelten. 115

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