Lateinamerika Magazin

REPORTAGE Ab in den wilden Amazonas Am einfachsten gelingt der Einstieg in Ecuadors Amazonas- Region per Flug von der Hauptstadt Quito nach Coca. Von dort reist man etwa zwei Stunden mit dem Schnellboot über den Napo Fluss Richtung Yasuni Nationalpark. Am Eingang des riesigen privaten Schutzgebietes der Sacha Lodge, angrenzend an den Nationalpark, stehen Kanus bereit, mit denen man durch einen Nebenarm des Flusses zur Unter- kunft gepaddelt wird. Schon die Anreise ist abenteuerlich, spektakulär und entschleunigend zugleich! Angekommen erwartet Sie die reinste Idylle: Eine tiefblaue Lagune umgeben von dichtem Urwald. Vogelgezwitscher und Grillengezirpe, dazu erschallen gedämpfte Affenlaute aus der Ferne. Die Lodge wurde aus natürlichen Materialien gebaut und fügt sich wunderschön in die Umgebung ein. Die Zimmer sind modern, hell und lassen keinen Komfort missen. Alle Einrichtungen sind über Holzstege miteinander verbunden. Aber der eigentliche Grund für einen Aufenthalt hier sind die vielen Aktivitäten! Die Entdeckergruppen sind klein, meist nur sechs Personen und ein Guide starten zusammen; Alter, Interessen und Fähigkeiten werden bestmöglich aufeinander abgestimmt. Die Fauna ist artenreich: Affen, Faultiere, Tukane, Papageien, Eulen, vielerlei Wasservögel, Schildkröten, Kaimane und andere Reptilien. Aber Achtung, die Tiere im Amazonas-Re- genwald sind sehr wild, scheu und nicht an Menschen gewöhnt. Die Vegetation bis hoch in die höchsten Baumwip- fel ist dicht und grün, das Licht oft trügerisch. Dessen sollte man sich bewusst sein und Geduld sowie ein gutes Fernglas mitbringen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Tiere und den Dschun- gel kennenzulernen. Das Wasser ist meist das Bindeglied: Am Anreisetag startet man gewöhnlich mit einer Nachtwan- derung. In der Dunkelheit mit Taschenlampen ausgerüstet geht es auf Entdeckertour: Viele verschiedene Reptilien wie Frösche und Eidechsen, aber auch Grillen, Spinnen und Fledermäuse gilt es zu finden. Die gefiederten oder flau- schig-knuffigen Tiere lassen sich jetzt nicht blicken. Frühmorgens geht es zum rund 40 Meter hohen Aussichts- turm. Hin kommt man mit dem Kanu und zu Fuß. Von oben sieht man die komplette Weitläufigkeit des Urwalds. Über den Baumkronen hat man die ideale Aussicht, um die soeben erwachten Vögel und Affen bei ihrem Treiben zu beobachten. Ein weiterer Höhepunkt, bei dem man ebenfalls über den Dingen schwebt, ist die rund 300 Meter lange Hängebrücke, die durch die Baumwipfel führt. Hier fühlt man sich frei wie ein Vogel. Tiere, die man vom Boden aus kaum sieht, lassen sich hier erblicken. Und die, die man nicht sieht, hört man! Spätestens zum Sonnenuntergang, wenn das Brüllen der wahren Könige des Dschungels - der Brüllaffen - das liebliche Vogelgezwitscher übertönt. Das Schutzgebiet bei den Lehmsteinen im Nationalpark Yasuni gehört zu den globalen Biodiversitäts-Hotspots. Hunderte von bunten Papageien fliegen zu diesen Lehm- mauern und lecken sie emsig. Wie ist dieses seltsame Verhalten zu erklären? Nun, die tropischen Vögel ernähren sich hauptsächlich von Früchten, die von Natur aus viel zu sauer für sie sind. Die Säure schwächt ihr Immunsystem und beeinflusst zudem die Funktionalität der Leber negativ. Weil Lehm aber einen höheren pH-Wert aufweist und somit basisch ist, gleicht er die Säure wieder aus. Ein Wunder der Natur! Ein Besuch beim Ara-Baum lässt nicht nur Hobby-Ornitho- logen beim Anblick dieses farbenprächtigen Naturschau- spiels vor Begeisterung erstarren. Leuchtend rot, blau, grün oder gelb gefiedert schwirrt es in der Luft und die Rufe bilden ein disharmonisches Konzert. Der perfekte Beobach- tungsplatz um Gelbbrust-, Rotschnabel- und Rotstirn-Aras, die in den Baumkronen sitzen und fressen, zu beobachten und zu fotografieren. Auf dem Gelände der Lodge befindet sich auch die größte Schmetterlingsfarm Ecuadors. 40 einheimische Arten werden hier gezüchtet, aufgezogen und ausgewildert. Die filigranen Flieger können aus nächster Nähe im Schmetter- lingshaus betrachtet werden. Außerdem kann man die Region auch in Begleitung eines erfahrenen, einheimischen Guides, der allerlei Interessantes und Wissenswertes über Flora und Fauna zu berichten hat, zu Fuß oder paddelnd in einem Kanu auf sich wirken lassen. Abenteuer sind in der Lodge vorprogrammiert und alle Gäste, vom entspannten Genießer bis zum unerschrockenen Wanderer, werden vom vielfältigen Angebot begeistert sein. Mindestens drei spannende Tage sollten man sich gönnen, um mit verschiedenen Aktivitäten den Dschungel zu erleben und in dieser abgeschiedenen Umgebung zu entschleunigen. Wer Begriffe wie Amazonas-Regenwald oder Amazonien hört, denkt meist sofort an den gleichnamigen Fluss und somit an Brasilien. Tatsächlich formen jedoch neun Länder dieses riesige Gebiet, unter anderem auch Ecuador! Gleich östlich der ecua- dorianischen Andenkette beginnt Amazonien und stellt somit die größte Region des Landes: Beinahe die Hälfte der Landesfläche entfällt auf dieses Territorium. 75

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